Rede anlässlich der Vernissage „Heute“ – Werke von Viktor Naimark, „Achtung Kunst!!“, im Theater Die Schmiere, 2.10.2016

Herzlich Willkommen, liebe Gäste!

Herzlich Willkommen, lieber Viktor Naimark und Frau Svetlana,

Heute wollen wir – das Theater Die Schmiere, Leitung Effi B. Rolfs, Matthias Stich und ich (ROESSLER ProResult) die 13. Kunstausstellung im Rahmen unserer Ausstellungsreihe „Achtung Kunst“ eröffnen.

Kunstausstellungen

Seit 2009 finden hier im Theater regelmäßig Kunstausstellungen statt.

Unsere Intention: Ganz einfach die Hemmschwelle beseitigen,

Berührungsängste abbauen. Kunst gehört zum Leben und nicht allein ins

Museum. Zudem sind wir der Überzeugung, dass in der Region Frankfurt Rhein Main fantastische Künstler leben, denen wir gerne eine breite Bühne mit viel Publikum öffnen. Eine Intention dabei ist Kunst-Vermittlung. Eine andere die Förderung der regionalen Kultur. Wobei wir durchaus auch einmal Ausnahmen machen.

Einige von Ihnen werden sich erinnern:

Ende letzten Jahres präsentierten wir in der vorangegangene Ausstellung „Spiegelungen“ Grafiken von Kirill Gorodetskiy, einem russischen Künstler aus Sankt Petersburg. Das war seine erste Ausstellung in Deutschland. Und heute freuen wir uns auf Werke von Viktor Naimark, der ebenfalls in Sankt Petersburg geboren wurde. Sie sehen, meine Damen und Herren, ganz so streng begrenzen wir das Rhein-Gebiet nicht.

Es spielt natürlich auch eine Rolle, ob wir – Die Schmiere und ich – einen

Zugang zu den Bildern haben. Was die Schmiere anbelangt, müssen die Schauspieler ja jeden Abend in ihrem „Wohnzimmer“ gut mit den Bildern klarkommen. Also, auch das ist ein wichtiges Kriterium hier auszustellen.

Kirill Gorodetskiy

Was Kirill Gorodetskiy anbelangt, sind wir sehr stolz, dass wir Vorreiter waren: Zum einen ist es eine Facette im Kulturaustausch mit Russland. Wir alle wissen, wie zäh der Dialog zwischen beiden Ländern derzeit ist. Mir sagte der russische Generalkonsul Alexander Bulay einmal, dass wir doch den Anfang mit der Kunst schaffen können. Kirills Ausstellung in der Schmiere war überaus erfolgreich und wir freuen uns, dass er jetzt in Sankt

Petersburg seine steile Karriere fortsetzt. Er wurde jüngst zum KunstProfessor an der renommierten Sankt Petersburger Kunstakademie ernannt.

Zudem wird er im Februar eine One-Man-Show in der bekannten Sankt Petersburger Eremitage durchführen.

Da kann man nur sagen, ja, in der Tat, die Schmiere ist doch auch ein Sprungbrett zum internationalen Durchbruch!!!

Viktor Naimark

Da sind  wir doch schon sehr gespannt, lieber Viktor Naimark, was so alles mit Dir und Deinen Bildern passieren wird! Wir freuen uns außerordentlich, Deine Ausstellung mit dem ebenso kurzen wie prägnanten Titel „Heute“ zu präsentieren.

 

Zum Künstler:

Viktor Naimark wurde 1963 in Sankt Petersburg geboren und besuchte dort die renommierte Repin Kunstakademie. Abschluss: Maler und Architekt, seit 1990 in Deutschland, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main

„Neben“ seiner künstlerischen Tätigkeit ist er noch Vorstand des BBK Frankfurt (Berufsverband Bildender KünstlerInnen  und Künstler). D. h. Viktor Naimark setzt sich für die Belange seiner Kolleginnen und Kollegen ein. Zudem arbeitet er auch als Architekt. Für Furore sorgte jüngst die Gestaltung des jüdischen Andachtsraumes am Frankfurter Flughafen, insbesondere der Menora. Dieses Projekt hat er zusammen mit dem Künstler Costa Bernstein verwirklicht, den wir hier an dieser Stelle ebenfalls ganz herzlich grüßen. Gerne denken wir auch an die schöne Ausstellung „Open bottle here“, die vor einigen Jahren hier in der Schmiere stattfand.

Russland

Lieber Viktor, die ersten 30 Jahre Deines Lebens, das war Russland, das war die Ausbildung an der russischen Akademie – und das war prägend. Wir im Westen folgten da längst dem amerikanischen Vorbild des Action Paintings, zelebrierten die Art Informel. Figurative Kunst war verpönt. Während man sich in Russland auf die Auseinandersetzung mit den Alten Meistern konzentrierte. Man legte Wert auf eine sehr sorgfältige Ausbildung, die Zeichnung, der Akt und auch die Perspektive musste sitzen, bevor man sich freischwimmen durfte.

Ständig guckten wohl Leonardo da Vinci, Tizian, Dürer und Michelangelo mit auf die Leinwand! Sicherlich eine große Herausforderung, aber der Kanon wurde vermittelt. Und beherrscht. Dann kam die eigene Bildwelt. Bei Viktor Naimark mit Stilmitteln der Klassischen Moderne. Die Ismen – Impressionismus – Expressionismus – Kubismus. Dennoch blieb er nicht gefangen in bestehenden Stilwelten. Sie beherrschen nicht ihn, er beherrscht sie und bedient sich ihrer. Ganz wichtig für ihn: Mit den Augen fühlen! Das wesentliche in einem Moment festhalten. Beobachten, darstellen, mit Herz und Verstand interpretieren. Sich dem Rausch des Moments hingeben, genießen und dennoch ein Fazit ziehen.

An dieser Stelle möchte ich nicht zu viel vorwegnehmen – schauen Sie gleich selbst. Ein paar Tipps möchte ich mit auf den Weg geben.

Drei Werke

Die Grafik „Love-Boat“. Da sehen Sie ein Liebespaar, im Boot treibend. Ganz im Moment dasein und dennoch etwas endgültiges, universelles erleben, Den Kosmos im Individuellen spüren. Zart und ergreifend wie ein japanischer Farbholzschnitt. Keine Perspektive, nur Linien. Die Handlung entsteht erst im Kopf des Betrachters. Rote Ohren inbegriffen.

Die Collage „Blues“: Ein raffiniertes Bild. So gekonnt mit nur wenigen Farben, wie ein Schattenspiel angedeutet – und schon hören und spüren wir die Magie des Blues, sind mitten drin in der Jazz-Kneipe, riechen den Tabak in der verrauchten Musikkneipe und sind versucht, nach einem guten Glas Whisky zu greifen. Nasdrowje!

Und dann freuen wir uns auf eine kleine Sensation: „Heute“. Meine Damen und Herren, lassen Sie es Ihnen berichten, wie wir seine Entstehung erlebten. Vor ein paar Monaten luden wir Viktor Naimark zum Besuch einer Vorstellung in die Schmiere ein. Dann haben wir lange nichts gehört, nur sein grundsätzliches „Okay, ja, mach ich!“

Und Monate später trafen wir uns dann in seinem Atelier. Waren von seinen Werken beeindruckt. Ich darf etwas aus dem Nähkästchen plaudern: Lustig fand ich die vielen kleinen post-its an der Wand, Szenen, Notizen für weitere Arbeiten. Work in progess.

Ganz bescheiden führte er uns zu einem Ölgemälde, das er in einer Ecke aufgehängt hatte. „Und“, fragte er uns vorsichtig, „kommt euch da etwas bekannt vor?“

In der Tat, ja! Uns verschlug es sozusagen die Sprache. In kubistischen Stil, a la Picasso, hat er doch ein unvergessliches, einzigartiges Porträt des Frankfurter Satire Theaters Die Schmiere geschaffen. Auch hier will ich nicht so viel verraten, Sie werden das ja gleich selbst sehen.

Doch so viel: Alles ist da: Die berühmte Schmiere-Treppe mit den Grafiken von Kurt Halbritter an den Kellerwänden, die Kasse. Der Theaterraum mit Kabarettisten auf der Bühne, die Bar, die Garderobe bis hin zur aktuellen Kunstausstellung. Alles in einem Bild, Schmiere pur. Beim Betrachten des Bildes riecht man förmlich den Kellergeruch, spürt den schnellen Rhythmus, alles beschleunigt sich. In der Luft liegen Abenteuer, Erotik und Spannung. Alles ist elektrisch und knistert. Alles ist Heute in Heute und Heute das ist Die Schmiere. Im Moment und als Fazit.

Chapeau, lieber Viktor, vor dem großartigen Gemälde!

Da hast uns erzählt, dass Dich Theater begeistert. Und dass Du Gemeinsamkeiten zur Bildenden Kunst siehst. Ich denke, dass das sehr treffend beobachtet ist. Künste sind „hartes Brot“ und der erste, starke Gegner ist der Künstler selbst. Alles muss wahrhaftig sein, sonst haut das nicht hin. Und das Heute/ das Jetzt zählt. Beim Maler im schöpferischen Prozess, im Flow. Da braucht man Nerven, um sein Bild auf die Leinwand zu zaubern. Farben und Leinwand sind gefährliche Partner, sie entblößen rasch Schwächen. Einerseits. Andererseits aber auch Können. Und genau so ist es doch auch beim Kabarettisten/ Schauspieler: Jetzt/ in diesem Moment gilt es, die Szene zu bringen und die Pointe ganz perfekt zu servieren. Später ist da zu spät.

Handwerk, Können, viel Talent und Erfahrung – das alles führt zum perfekten Bild, zur perfekten Aufführung.

Wir alle sind ergriffen von Viktors Ölgemälde „Heute“ und stolz, es hier auszustellen. Um so schöner, dass er davon Drucke auflegte. Eine kleine Auflage, 20 Stück, liegt vor. Zu einem erschwinglichen Preis. Wir denken da natürlich auch an die Schmiere-Fans. Nehmen Sie das Schmiere-Gefühl gleich mit nachhause! Nutzen Sie die einmalige Gelegenheit, greifen Sie rasch zu. Viktor wird es gerne mit persönlicher Widmung für Sie signieren. Jede Menge Rote Punkte, liegen bereit.

Selbstverständlich ließe sich noch sehr viel mehr zu Viktor und seinen Werken erzählen. Beachten Sie auch bitte seine Darstellung und Auseinandersetzung mit Musik. Aber ich bin sicher, Sie freuen sich auf die kleine Entdeckungsreise der Ausstellung „Heute“ in der Schmiere und wir alle wünschen Ihnen ganz viel Spaß dabei.

Meine Damen und Herren, liebe Freunde, lassen Sie mich die kleine Einführung mit einem Zitat von Fjodor Dostojewski beenden. Er schrieb:

„Allmählich verwandelt das Mysterium des Lebens allen Kummer gewesener Tage in ruhige Heiterkeit.“

Genießen Sie die Heiterkeit des Lebens, genießen Sie die Heiterkeit in Viktor Naimarks Bildern. Viel Spaß mit und bei „Heute“!

Edda Rössler, Frankfurt am Main, Oktober 2016

M.A. Kunstgeschichte und Amerikanische Literatur

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