Aufbruchstimmung in Frankfurts Kunstmeile – In der Fahrgasse setzt man auf Teamgeist

Ob Frankfurt Mode kann, darüber streiten sich die Geister. Dass aber Frankfurt Kunst kann, ist sicher. Ein Indiz dafür ist der Besuch in der Fahrgasse. In der kleinen Straße in Main-Nähe überzeugen neun Galerien und ein Forum mit einem ebenso anspruchsvollen wie abwechslungsreichen Programm. Neben Installationen und Konzeptkunst wie etwa bei „Der Mixer“ bilden in der dort vertretenen Malerei zumeist zeitgenössische, figurative Positionen mit originellen Übergängen ins Abstrakte einen Schwerpunkt. Dabei werden klassische Genre wie Stillleben, Landschafts-, Porträt- oder auch die Vedutenmalerei neu interpretiert. Die Künstler, fast unisono Meisterschüler namhafter Professoren wie Arno Rink (Yvette Kießling bei Leuenroth) oder Maria Lassnig (Michael Lauterjung bei Mühlfeld + Stohrer) fordern aktive Mitarbeit bei der Rezeption der Werke, indem sie Leerstellen einbauen oder Gegenständliches mit einem Höchstmaß an Reduktion servieren. Am deutlichsten wird das etwa bei Jörg Ernert (Galerie Rothamel) oder Silke Schoener (Galerie Maurer). Doch auch die Auseinandersetzung mit der FNT-Kunst, die nicht allein aus monetären Gründen ein großes Potenzial mit sich bringt, hat in der Galerie Greulich Einzug gehalten. Derzeit bespielen dort allerdings knallbunte Ölgemälde von Matthias Moravek die Wände. Farbenfroh sind zudem die runden Leinwände in der Galerie Dr. Christel Wagner, auf denen die Koreanerin Boyun Choi mit feinem Pinselstrich Süßigkeiten und Leckereien anbietet. Die Hochburg der Künstler der Leipziger Schule befindet sich nach wie vor in der Galerie Schwind.

Aufbruchstimmung in Frankfurts Kunstmeile - In der Fahrgasse setzt man auf Teamgeist v.l. , hintere Reihe: Dr. Christel Wagner, Andreas Greulich, Thomas Sterna (Der Mixer), Florian Siedlarek, Grant Morton (Galerie Rothamel), Max Pauer (1822-Forum) v.l., vorne: Kurt Mühlfeld-Hemprich (Galerie Mühlfeld + Stohrer), Kirsten Leuenroth, Brigitte Maurer Foto: Edda Rössler
Aufbruchstimmung in Frankfurts Kunstmeile – In der Fahrgasse setzt man auf Teamgeist
v.l. , hintere Reihe: Dr. Christel Wagner, Andreas Greulich, Thomas Sterna (Der Mixer), Florian Siedlarek, Grant Morton (Galerie Rothamel), Max Pauer (1822-Forum)
v.l., vorne: Kurt Mühlfeld-Hemprich (Galerie Mühlfeld + Stohrer), Kirsten Leuenroth, Brigitte Maurer
Foto: Edda Rössler

Inmitten der Reihe der etablierten Galerien von Andreas Greulich, Kurt Mühlfeld-Hemprich, Kirsten Leuenroth, Brigitte Maurer, Dr. Jörk Rothamel, Karl Schwind, Heike und Thomas Sterna (Der Mixer), Dr. Christel Wagner fühlt sich Neuzugang Florian Siedlarek seit September 2021 sichtlich wohl. Eine langjährige Präsenz verzeichnet das 1822-Forum. In dem seit einigen Jahren von Max Pauer geleiteten Forum wurden in über 50 Jahren weit über 70 Akademie-Absolventen, darunter Thomas Bayerle, Tobias Rehberger, Gabriele Aulehla, Karsten Bott und Anna Nero zu Beginn ihrer Laufbahn vorgestellt. Mittlerweile zählen sind die Künstler national und international ein Begriff. „Wir sind stolz darauf, dass von Anfang an Künstlerinnen und Künstler im Forum entdeckt werden konnten, die anschließend sehr erfolgreich wurden und sich als besonders innovativ und einflussreich erwiesen“, so Max Pauer.

„Hier ist etwas ganz Neues im Entstehen,“ beobachtet Galerist Florian Siedlarek. „Ich bin froh, dass diese Aufbruchstimmung mit der Gründung meiner Galerie zusammenfällt“. Zuvor war der Kunsthistoriker in Köln tätig, doch im Vergleich mit Frankfurt sei es dort „ruhig geworden“. Neu in der Straße ist sein Programm, das sich auf amerikanische Pop-Art-Künstler wie Andy Warhol und junge britische Positionen, unter ihnen Julian Opie, konzentriert. Sein Wunsch ist es, eine Sammlerschaft für seine Künstler aufzubauen. Im Fokus hat er dabei eine junge Klientel, die in Kunst strategisch investieren möchte. Mit ihnen unternimmt er schon einmal Streifzüge zu den benachbarten Kollegen. „Wir unterstützen uns gegenseitig.“

Vielleicht ist es gerade dieser Teamspirit, der die Fahrgassen-Galeristen auf Erfolgskurs hält. „Wir schätzen uns und sind gut vernetzt“, sagt Brigitte Maurer, die sich noch an Zeiten erinnert, in denen nicht kommuniziert wurde. Das gemeinsame Agieren, die offenen Sonntage und der gleichzeitige Saisonstart kommen bei dem Publikum an. „Der Andrang bei unserem Opening im Februar war trotz der Pandemie riesig“, freut sich Kirsten Leuenroth. Insofern mag es zwar bedauerlich sein, dass eine Plattform wie die der Galerien-IG wackelt. Doch das hat die Pandemie gezeigt: Alte Strukturen, die nicht mit Enthusiasmus gelebt werden, fallen zusammen. Der Weg geht in Richtung Sharing und gelebten Teamspirits.

Die aktuellen Ausstellungen sind noch bis zum 12. März, jeweils zu den üblichen Galeriezeiten, geöffnet. Am Sonntag, den 20. Februar ist zudem ein Opening von 14 bis 18 Uhr geplant.

Weitere Informationen unter www.galerien-frankfurt-mitte.de

Am 8. Februar 2022 veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse
Text und Fotos von Edda Rössler