„Barbara’s Choice“ – Galerie Barbara von Stechow präsentiert 20 Gemälde des amerikanischen Künstlers Joe Stefanelli

Die retrospektive Werkschau, die unter der Schirmherrschaft des amerikanischen Generalkonsuls Norman Thatcher Scharpf steht, zeigt Acrylbilder des abstrakten Expressionisten Joe Stefanelli, der neben seinen Malerkollegen Jackson Pollock und Franz Kline zu den Großen dieser Kunstrichtung zählt.

Der 2017 verstorbene Maler (1921 in Philadelphia geboren) ist ein wichtiger Vertreter der „ersten authentisch-amerikanischen Kunstrichtung“, betonte Generalkonsul Thatcher Scharpf anlässlich der Vernissage.

Seit über 30 Jahren vertritt die Galeristin Barbara von Stechow das Œuvre Stefanelllis und noch kurz vor dessen Tod wurden die jetzt in Frankfurt präsentierten Werke in seinem New Yorker Studio für die Retrospektive ausgesucht. Die jahrzehntelange Zusammenarbeit von Galeristin und Künstler, aus der eine Freundschaft entstand, muss ausgezeichnet gewesen sein. Immerhin benannte er eines seiner Werke nach ihr. „Barbara’s Choice“, lautet der Titel, der jetzt das Motto der Ausstellung bildet.

Noch heute zählt das Gemälde „Barbara’s Choice“ von Joe Stefanelli zu ihren Lieblingsbildern, sagt Galeristin Barbara von Stechow. Foto: Edda Rössler
Noch heute zählt das Gemälde „Barbara’s Choice“ von Joe Stefanelli zu ihren Lieblingsbildern, sagt Galeristin Barbara von Stechow.
Foto: Edda Rössler

Dabei ist „Barbara’s Choice“ entgegen Stefanellis Vorliebe für große Leinwände ein eher kleines Format, das dennoch eine gewaltige Sprengkraft birgt und seinen Malstil auf den Punkt bringt. Starke Gestik und fröhliche Farben, dynamische Linien, die die Farbaufträge in nahezu figurative Gebilde verwandeln, das alles ist von einer großen Spontaneität durchdrungen.

Von der Zeichnung kommt Stefanelli im Gegensatz zu vielen Malern seiner Generation wie etwa Mark Rothko nie ganz los. Striche und Linien wabern durch die Gemälde und erinnern mitunter an kleine Kritzeleien. Stefanelli, der im Zweiten Weltkrieg als Soldat in Europa aktiv war und Kriegsreportagen anfertigte, betonte, dass auch die Zeichnung für ihn wichtig ist. So wirken seine Bilder nie völlig abstrakt und erinnern oft an imaginäre Landschaften, Architekturen und Figuren.

Dennoch, in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts glichen diese Abstraktionen einer wahren Kampfansage. Da hörte man schon einmal Kommentare wie „Mein Kind kann so etwas auch!“ „Mag sein“, hätte darauf der Kritiker Clement Greenberg, der Apologet der amerikanischen abstrakten Expressionisten, geantwortet. „Aber nur, wenn dein Kind ein malerisches Genie ist.“ Der Europäer Pablo Picasso, der zeitgleich mit seinem kubistischen Stil ebenso auf realistische Abbildung verzichtete, hatte für diese Kritik die treffsichere Antwort parat. „Ich habe vier Jahre gebraucht, um wie Raphael zu malen, doch um wie ein Kind zu malen, brauchte ich ein ganzes Leben.“

Die amerikanischen abstrakten Expressionisten schufen mit der ganzen Kraft ihrer Persönlichkeit, ihres Lebens. „Jedes Bild“, sagte Stefanelli, „ist eine neue Suche.“ Bei der spontanen Malerei, die Prozesse des Unterbewusstseins mit in den künstlerischen Prozess einfließen lässt, ging diese Suche oft an die Substanz. Viele Malerkollegen, mit den meisten war Stefanelli eng befreundet, zahlten für die intensive Verknüpfung von Seele und Kunst einen hohen Tribut, wurden alkoholsüchtig und verstarben früh. „Stefanelli war ein lustiger und humorvoller Mensch“, erinnert sich Barbara von Stechow. Vielleicht war es diese sonnige Seite, die ihn vor dem harten Schicksal der Kollegen bewahrte.

Selbst wenn dem heutigen Betrachter seine Werke auch als Zeitdokumente vorkommen, strahlen sie noch immer eine gehörige Portion Abenteuerlust, Esprit und Kraft aus. Damals war es ein großer Triumph, frei und unabhängig von Europa, eine ureigene amerikanische Kunstform zu schaffen. Die Besiedlung des amerikanischen Kontinents in Richtung Westen war abgeschlossen. Die neue Frontier, die neue Grenze westwärts fand in der Kunst statt.

Barbara von Stechow, die Werke von Joe Stefanelli aus den 80er Jahren bis hin zu 2003 präsentiert, spricht von einer „musealen Ausstellung“.
Doch bevor wir die Kraftpakete im Museum anschauen, kann man sie noch bis zum 23. März in ihrer Galerie im Westend bewundern.

Weitere Informationen unter www.galerie-von-stechow.com

Text und Foto von Edda Rössler