Blütenpracht und eine Krake in Gummibärenfarbe

In der Galerie Hanna Bekker vom Rath geben Positionen der klassischen Moderne den Ton an. Egal, ob Neue Sachlichkeit, Expressionismus oder Konstruktivismus, die Werke der Künstler überzeugen mit Individualität und ihrer Ernsthaftigkeit, sowohl Motiv als auch Stil in Einklang zu bringen. Erstaunlich ist dabei, wie viele Maler einen Bezug zu Frankfurt am Main aufweisen, sei es durch die Herkunft oder durch ihre Lehrtätigkeit an der Städelschule.

Zu den im Rahmen der Ausstellungsserie „Close Encounters“, die derzeit in die dritte Runde geht, präsentierten Künstler zählen Reinhold Ewald, Johann Georg Geyger, Georg Heck, Bruno Müller-Linow sowie Grete Schmekel und Ernst Weil.

Auch empfehlenswert: Das Gespräch mit Galeristin Christina Veit und der Kunsthistorikerin Katarina Kobberger, die viele Hintergründe über die ausgestellten Künstler parat haben. Katarina Kobberger und Christina Veit Im Hintergrund Werke von Reinhold Ewald Foto: Edda Rössler
Auch empfehlenswert: Das Gespräch mit Galeristin Christina Veit und der Kunsthistorikerin Katarina Kobberger, die viele Hintergründe über die ausgestellten Künstler parat haben.
Katarina Kobberger und Christina Veit
Im Hintergrund Werke von Reinhold Ewald
Foto: Edda Rössler

Äußerst variantenreich haben sie den Kanon der „Ismen“ interpretiert. So bleibt die Frage, ob sich die Stilrichtungen des vergangenen Jahrhunderts als enges Korsett erwiesen oder andererseits den Künstlern Sicherheit gab, im vorgegebenen Rahmen zu agieren, offen.

Gleich im Eingangsbereich loten Ölgemälde von Reinhold Ewald (1890 – 1974) das Wechselspiel von Figuration und Abstraktion aus. Sein Landschaftsgemälde „Blühende Bäume“ bezaubert mit der Leichtigkeit flüchtiger Pinselstriche. Eine kolossale, weiße Blütenpracht, korrespondierende Wölkchen an einem Himmel, der von Hell- ins Dunkelblaue changiert, alles wirkt flüchtig und schildert einen Moment. Kecke Farbflächen, in zarten Orangetönen gehaltene Felder, ziehen sich in die Ferne verleihen dem Gemälde ebenso wie die in einem warmen Grau angedeuteten Baumstämme Räumlichkeit. Die starke zeichnerische Kraft des Werkes dient als Gerüst, das die Wirkung der Farbe erhöht. Diese Landschaft scheint keiner Region verhaftet, was wichtig ist, ist einzig und allein die Freude am Frühling.

Auch bei dem Porträt „Sitzende Dame“ zeigt sich an dem leicht aufgetragenen Faltenwurf des in Rosa und Grautönen gehaltenen Gewands Ewald Begeisterung für den Rhythmus von Farbe, wobei hier ein schwarzes Kätzchen und ein roter Farbklecks Stand verleihen.

Vielseitig gestaltet sich das Schaffen des gebürtigen Frankfurters Ernst Weil (1919 – 1981). Seine geometrisch–konstruktivistisch angelegten Ölgemälde erweisen Referenzen an Henri Matisse, Paul Klee und Fernand Leger. Die Nähe zu Stillleben zu französischen Künstlern erklärt sich auch in der Vita. Weil lebte in den 50er Jahren in Paris und unterhielt ein Atelier in einer Boxhalle. Doch als deutscher Künstler blieb für ihn die Situation, im Jahrzehnt nach dem 2. Weltkrieg schwierig, obwohl er in Pablo Picasso und dem Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler prominente Fürsprecher fand. 1965 kehrt er nach Deutschland zurück und lehrte als Professor an der Nürnberger Kunstakademie.

Interessant ist zudem das Schaffen des Berliner Künstlers Heinz Battke (1900 – 1966), der an der Städelschule „Freie Graphik“ lehrte und bereits in den 50er Jahre vom Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath vertreten war. Sein Stillleben „Octopus“, das eine gewisse Nähe zu Werken von Francis Bacon aufweist, zeigt die Krake in knallbunten Gummibärenfarben.

Auch empfehlenswert: Das Gespräch mit Galeristin Christina Veit und der Kunsthistorikerin Katarina Kobberger, die viele Hintergründe über die ausgestellten Künstler parat haben. Christina Veit und Katarina Kobberger Im Hintergrund das Gemälde „Octopus“ von Heinz Battke Foto: Edda Rössler
Auch empfehlenswert: Das Gespräch mit Galeristin Christina Veit und der Kunsthistorikerin Katarina Kobberger, die viele Hintergründe über die ausgestellten Künstler parat haben.
Christina Veit und Katarina Kobberger
Im Hintergrund das Gemälde „Octopus“ von Heinz Battke
Foto: Edda Rössler

Gerade in Anbetracht der aktuellen Gender-Diskussion sei auf Werke der Düsseldorfer Künstlerin Grete Schmekel (1895.- 1977) verwiesen. Die Absolventin der Folkwangschule ist eine Neu-Entdeckung der Galerie. Zu sehen sind abstrakte Gemälde, die eine enge Auseinandersetzung mit Paul Klee und Robert Delaunay nahelegen.

Die Entdeckungsreise in die Welt von „Close Encounters 3“, die noch bis zum 9. Juni zu sehen ist, mit all den facettenreichen Positionen lohnt sich. Neben den Gemälden kann man zugleich spannende Lebensläufe der Künstler entdecken.

Weitere Informationen unter www.galeriehannabekkervomrath.de

Text und Foto von Edda Rössler
Am 2. Mai 2022 veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse