Diesseits von Eden – Bildhauer Achim Ripperger verzaubert den Botanischen Garten mit 20 Holz-Skulpturen – Ausstellung und kleiner Parcours geöffnet

Die beschauliche Stille des Botanischen Gartens, der zusammen mit dem Palmengarten und dem Grüneburgpark zu einem der schönsten Frankfurter Grünbereiche zählt, unterbricht urplötzlich das beharrliche Geräusch einer Kreissäge. Verantwortlich für die Lautmalerei ist der gutgelaunte Frankfurter Bildhauer Achim Ripperger (53), der an versteckter Stelle aus einem Trompetenbaum die Figur eines Zyklopen herausarbeitet. Eigentlich hätte der nicht mehr standsichere Baum gefällt werden müssen, berichtet der Leiter des Botanischen Garten Thomas Moos. Doch mithilfe Rippergers künstlerischer Intervention kann der v-förmige Stamm stehenbleiben und wird sogar im nächsten Frühjahr wieder austreiben. Dass es ein Einäugiger wird, hat sich erst beim Sägen ergeben. Ripperger stellt sich seinen Figuren spontan und lässt das Holz und dessen Struktur an dem Entstehungsprozess teilhaben. Dabei ist der Zyklop eine Zugabe, denn Ripperger hat 20 meterhohe Holz-Skulpturen für den Botanischen Garten geschaffen.

Mal Crescendo, mal piano – so der Klang der Kreissäge, wenn Künstler Achim Ripperger seine Edenmenschen schafft. Hier vor seinem einäugigen Edenmenschen. Foto: Edda Rössler
Mal Crescendo, mal piano – so der Klang der Kreissäge, wenn Künstler Achim Ripperger seine Edenmenschen schafft. Hier vor seinem einäugigen Edenmenschen. Foto: Edda Rössler

Seit Oktober 2020 hat er an dem großen Projekt der „Edenmenschen“ gearbeitet, für eine Figur benötigt er mehrere Wochen. Für Ripperger sind Natur und der biologische Kreislauf wesentliche Themen seines Schaffens. „Ich habe mir den Ort im Palmengarten angeschaut, auf dem der Baum stand.“ Der Zufall wollte es, dass der Künstler mit guten Kontakten zur Frankfurter Baumfällerszene den Ahornstamm eines abgestorbenen Baumes aus dem Palmengarten erstand und sein Ensemble nunmehr in unmittelbarer Nähe präsentiert.

Patricia Germandi, Pressesprecherin des Palmengartens, schätzt Rippergers Edenmenschen.
„Dass ein Teil der Skulpturen aus dem gefällten Ahorn aus dem Palmengarten entstand, ist eine wunderbare Brücke.“ Sie ist begeistert von seiner kontemplativen Herangehensweise. „Er lässt etwas entstehen, was zusammengehört. Das ist nicht einfach eine beliebige Skulptur, denn der Künstler schafft mit seinen Figuren einen Bezug zum Ort.“

Die Skulpturen erscheinen wie Prototypen, die den Weg aus der Vergangenheit in eine neue Zeit weisen. Sie erinnern an antike Plastiken und lassen aufgrund ihrer gekonnten Skizzenhaftigkeit viel Freiraum zur Interpretation. „Wir sind in einem globalen Bewusstseinswandel“, davon ist Ripperger überzeugt. „Wir Menschen erkennen, dass wir Teil der Natur sind.“ Seine friedfertigen Edenmenschen seien da schon einen Schritt weiter, denn sie öffnen sich für Flora und Fauna. Sie beinhalten Löcher und Risse und bieten daher Insekten eine ideale Beherbung an. „Das ist genau das Leitthema von Palmengarten und Botanischen Garten“, informiert Germandi. „Mit dem neuen Blüten- und Schmetterlingshaus, das im August eröffnet werden soll, wollen wir Besucher darauf aufmerksam machen, wie sensibel unsere Natur und wie gefährdet unsere Insekten sind.“ Die freuen sich jetzt, in den Edelhotels der Edenmenschen von Ripperger zu nisten.

Pünktlich zur Schließung des Botanischen Gartens im Oktober werden Rippergers Edenmenschen eingesammelt. Mit etwas Glück kann der Besucher anschließend einige in der Nähe des neuen Schmetterlingshauses wieder treffen. Wer sich allerdings spontan in einen Edenmenschen verliebt, kann ihn reservieren und nach Ausstellungsende im eigenen Garten Eden genießen.

Weitere Informationen unter botanischergarten-frankfurt.de und atelier-ripperger.com

Text und Foto von Edda Rössler, Text veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse am 10. Juli 2021