Explodierende Farben – Malerei von Gabriele Aulehla

Auch für Frankfurter Künstler:innen war der Lockdown eine beschwerliche Zeit, in der sie auf Ausstellungen verzichten mussten.
Wurde ihr Werk durch das Erlebnis der Pandemie verändert? Ein Atelierbesuch bei der Malerin Gabriele Aulehla deutet daraufhin. Ein sparsamer Umgang mit Materialien und ein geschärfter Blick für Naturmomente standen im Vordergrund.

Die Malerin Gabriele Aulehla vor ihrem Werk Foto: Edda Rössler
Die Malerin Gabriele Aulehla vor ihrem Werk
Foto: Edda Rössler

Mitten in der Frankfurter Innenstadt, in einem Hinterhaus in der Töngesgasse arbeitet Gabriele Aulehla (1963) in ihrem mit Acrylgemälden vollgepackten Atelier. Jeden Tag trifft man sie dort, selbst Urlaub vermisse sie nicht. „Was soll ich denn anderes tun als malen“, sagt sie mit einem Lächeln. „Mit jedem Bild geht man einen Schritt weiter.“

Ihre Atelierwänden bespielen zumeist großformatige, abstrakte Acrylgemälde, von denen eine ungeheure Leuchtkraft ausgeht. Sie versteht sich als Farbfeldmalerin, in der Tradition von Piet Mondrian und den amerikanischen abstrakten Expressionisten. „Die abstrakte Malerei ist ein weites Feld, da ist noch viel möglich.“ In ihren früheren Werken bis 2015 dominierten geometrische Farbflächen, in späteren verwandelte sie sie zunächst in gekreuzte Bögen und dann in Wellen. Immer stand die Auseinandersetzung mit Licht im Vordergrund. „Das ist in der Malerei schwer darzustellen, aber ein wichtiges Thema.“ Inspiration hierfür findet sie überall, in der Natur und selbst in Innenräumen bei künstlicher Beleuchtung.

Die Frage, ob der Lockdown ihre Malerei verändert habe, beantwortet sie mit einem pragmatischen Ja. „Ich wurde ruhiger und bevorzugte kleinere Formate.“ Der Künstlerbedarf hatte geschlossen und so arbeitete sie auf den kleinen Leinwänden, die im Atelier vorrätig waren.

Beim Malen geht sie konzentriert und strukturiert vor, wobei die Arbeiten in langen Prozessen entstehen. Zunächst wird die Leinwand mit weißer Farbe grundiert, um die Leuchtkraft der Farbschichten zu steigern. Zuvor fertigt sie eine Skizze an und überträgt Eckpunkte mit kleinen Klebestreifen auf die Leinwand. Dann beginnt der eigentliche schöpferische Prozess. „Die ersten Schichten mache ich noch deckend, dann wird es dünner und dünner.“ Weit über 100 transparente Farbschichten trägt sie auf, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden ist. Bei Aulehla geht es nicht um die Darstellung des individuellen Duktus, der sich auch in der Handschrift und dem Pinselauftrag bemerkbar macht. Es scheint, als ob die Künstlerin zurücktritt, um der Malerei und der Leuchtkraft ihrer Bilder den optimalen Ausdruck zu verleihen.

Beispielhaft für ihr Schaffen während der Pandemie ist ein quadratisches Acrylgemälde, das ein explodierendes Grün in den Vordergrund stellt. Wie von Zauberhand herbeigerufen schimmern hellgrüne und zartgelbe Quadrate, die sie wellenförmig auf einem in Dunkelgrün angelegten Hintergrund legt. Die Inspiration für das Bild waren zwei blühende Bäume, die sie während der Pandemie bei einer Fahrradtour am Main entdeckte.

Berührend ist auch ein weiteres Gemälde, das sie ebenfalls während des Lockdowns schuf. Bei klirrender Kälte und strahlendem Sonnenschein beobachtete sie Eisläufer auf dem zugefrorenen Rechneigraben-Weiher. „Ich hatte das Bild schon in Grau- und Brauntönen angefangen, doch dann ging ich ins Atelier und malte es in komplett anderen Farben. Da war dann plötzlich dieser Schwung, denn ich dachte immer an die grazilen Bewegungen der Eisläufer.“

Gabriele Aulehlas Werke gleichen Andachtsbildern, in die man eintaucht, um den inneren Kern der Malerei zu spüren.

Zu den Werken von Gabriele Aulehla ist soeben der Katalog „Gabriele Aulehla“ im Kann Verlag (15 Euro) erschienen.

Weitere Informationen unter www.gabrieleaulehla.de

Text und Foto von Edda Rössler, am 5. August 2021 (in gekürzter Version) veröffentlicht in Frankfurter Neue Pressse