Galerist Kai Middendorff lebt seinen Traum

Text und Foto von Edda Rössler
Am 4. Februar 2021 veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse

Die Galerie Kai Middendorf liegt etwas versteckt im Hinterhof in einer ehemaligen Autofabrik in der Niddastraße 84. Noch bespielen in einer Gruppenausstellung Werke wichtiger Galeriekünstler wie etwa Ekrem Yalcindag oder Franziska Kneidel die Wände.

Das Kunstspektakel spielt sich in einem großen, rechteckigen Raum mit hohen Wänden ab, dessen Architektur sachlich und nüchtern wirkt. Unterschiedlicher könnten die einzelnen zeitgenössischen Positionen kaum sein. Was sie jedoch verbindet, ist ihr jeweils höchst individueller Ausdruck. Gleich auf den ersten Blick wird klar, hier geht es nicht um dekorative Kunst, die allein darauf ausgerichtet ist, das Auge zu laben, sondern um Objekte mit hohem konzeptuellen Anspruch. Nahezu alle Künstler sind mit Werken in Museen und großen Kunstsammlungen vertreten. Darauf ist Galerist Kai Middendorf (Jahrgang 1965) stolz. „Bei mir hat man die Gewähr, dass die Kunstwerke einem musealen Standard entsprechen.“

Galerist Kai Middendorff vor einem Werk von Ekrem Yalcinday Foto: Edda Rössler
Galerist Kai Middendorff vor einem Werk von Ekrem Yalcinday
Foto: Edda Rössler

Der gebürtige Westfale kam schon früh mit zeitgenössischer Kunst in Berührung und erlernte während eines einjährigen Praktikums an der Fachhochschule in Münster die Finessen der Fotografie. Der praktischen Ausbildung folgte das Studium der Kunstgeschichte in München, das er mit einer Magisterarbeit über den italienischen Arte Povera-Künstler Alighero Boetti abschloss. Für einige Jahre arbeitete er dann als Werbefotograf und als Galerist in der bayrischen Hauptstadt. „Für mich war das nie ein Problem, etwas Kommerzielles zu machen“, überlegt er. Andere Kommilitonen aus der Münchner Zeit wie etwa die Kunsthistorikerin Susanne Gaensheimer zog es dagegen in die Welt der Museen.

2008 gründete er an dem heutigen Standort die Galerie Kai Middendorf. Er wollte sich von dem Münchner Galerie-Programm befreien, das mit Exponaten von „Jungen Wilden“ wie Rainer Fetting und Elvira Bach seinen Kunst-Präferenzen nicht entsprach. „Ungelogen, ich habe mir über 400 Künstler angeschaut“, blickt er auf sein damaliges Künstler-Casting zurück. Die neue Galerie sollte keine Dependance der Münchner werden und einzig allein den Künstler Ekrem Yalcinday „nahm ich mit“. Der türkische Künstler, ehemaliger Städel-Meisterschüler von Hermann Nitsch und Thomas Bayerle, hat sich der Tradition der geometrischen Abstraktion und der Konzeptkunst verschrieben.

In Frankfurt lernte er die ehemalige Städelschülerin Franziska Kneidel, seine spätere Frau, kennen. Zunächst wollte er sie als Galerist nicht vertreten. Doch die Vorstellung, dass sie abends gemeinsam ihre Werke diskutierten, die dann aber ein anderer Kollege verantwortet, überzeugte ihn schnell vom Gegenteil. Wie sinnvoll diese Wahl war, zeigt sich auch in der Tatsache, dass er Kneidels Kunst sowohl an das Museum für Moderne Kunst (MMK) als auch an das Museum für Angewandte Kunst (MAK) vermittelte. Ihre raumgreifenden voluminösen Kleider-Installationen aus Plastik, die sie mit Acryl- und Ölfarbe bemalt, gleichen weltfernen Wesen, die sich den Raum majestätisch erorbern. „Das sind Grenzbereiche, in denen sie sich bewegt“, so Middendorff über die sensiblen Objekte. „Das Museum für Angewandte Kunst interessierte, dass hier ein Bildender Künstler Kleider kreiert und nicht ein Modeschöpfer.“

Wie bedeutend für Middendorff jedes einzelne Werk ist, erlebt man mit etwas Glück, wenn der Galerist in sein Séparée einlädt. Dort sitzt der Betrachter wie in einem Kinosaal und blickt auf eine große weiße Wand mit Nägeln. Je nach Gusto hängt Middendorff dann eines seiner Exponate auf. Urplötzlich ist man ebenso wie der Kunstvermittler von der Magie des Bildes ergriffen. „Im Grund lebe ich jeden Tag meinen Traum“, sagt er. Und genau das sieht man auch.

Galerist Kai Middendorff vor einem Werk von Ekrem Yalcinday Foto: Edda Rössler
Galerist Kai Middendorff vor einem Werk von Ekrem Yalcinday
Foto: Edda Rössler

Weitere Informationen unter www.kaimiddendorff.com