Kosmos aus gemaltem Licht – Ausstellung abstrakter Gemälde von Uschi Lüdemann bringt Farbe in die winterliche Tristesse

„Mehr Licht!“, das waren angeblich die letzten Worte von Johann Wolfgang Goethe. Ach, was für eine Freude hätte er doch an den lichtgetränkten, abstrakten Gemälden von Uschi Lüdemann gehabt. Im Kunstraum Bernusstrasse bei Marina Grützmacher bespielen über 20 Farbexplosionen, zumeist Acryl auf Leinwand, die Wände. Ein paar Farbsäulen flankieren das Spektakel. Die Künstlerin, ehemalige Schülerin von Joseph Beuys (Kunstakademie Düsseldorf) und von Raimer Jochims (Städelschule) präsentiert Werke der letzten drei Jahre. Bekannt ist Uschi Lüdemann für ihre großen Formate, jetzt prägen mittlere und kleine Werke die Ausstellung. Galeristin Marina Grützmacher und Uschi Lüdemann haben eine sparsame, reduzierte Hängung vorgenommen, was den Werken bekommt. So kommt jedes zur Geltung und lädt wie bei einem Spaziergang im Freien zum Entdecken ein.

Mehr Licht und mehr Farbe – das bekommt der Besucher in der Kunstaustellung der abstrakten Gemälde von Uschi Lüdemann (v.l.) Künstlerin Uschi Lüdemann und Galeristin Marina Grützmacher vor dem Gemälde „Herbst“ Foto: Edda Rössler
Mehr Licht und mehr Farbe – das bekommt der Besucher in der Kunstaustellung der abstrakten Gemälde von Uschi Lüdemann
(v.l.) Künstlerin Uschi Lüdemann und Galeristin Marina Grützmacher vor dem Gemälde „Herbst“
Foto: Edda Rössler

Leicht und voller Musikalität ist der Kosmos des „Gemalten Lichtes“ der Uschi Lüdemann. Ihre zumeist warme Farbpalette schimmert im Galerielicht, zarte Komplementärfarben, durchzogen von transparentem Weiß, setzen frische Akzente. Jedes Werk offenbart eine eigene Stimmung, die konsequent aufgegriffen und variiert wird.

„Ich bin viel gereist“, sagt Lüdemann, „beobachte genau und nehme Skizzen mit ins Atelier.“ Geprägt hat sie vor allem der langjährige Aufenthalt in Kalifornien. In Los Angeles, wo Sohn Christian als Professor tätig war, unterhielt sie ein Studio. Doch nicht allein die Westcoast und der Pacific waren Inspiration, auch die Frische des Atlantiks und der amerikanischen East Coast klingen in den Bildern mit. Bildtitel wie „Calm Sea“, „Morgendämmerung“ oder „Golden Light“ erinnern an Songtitel, geben die Tonalität vor und der Betrachter darf in den Greatest Hits der Malerin schwelgen. Beim Malen höre sie gerne Musik, berichtet sie, vor allem Klassik oder französische Chansons von Charles Dumont. So kommen die Gemälde mitunter elegisch oder auch keck und charmant daher.

Gemälde „Herbst“ von Uschi Lüdemann, 2018, Acryl, Pigmente, Leinwand, 125 x 150 cm
Gemälde „Herbst“ von Uschi Lüdemann, 2018, Acryl, Pigmente, Leinwand, 125 x 150 cm

Typisch für ihr Schaffen ist etwa das 125 x 150 cm große Gemälde „Herbst“ aus dem Jahr 2018. Wie ein Pianist in Spiellaune lotet sie hier Facetten von Orange aus, mal wird es kräftiger, mal zart und lavierend, wobei Blau- und Gelbtöne die Leuchtkraft des Orange untermauern.

Lüdemann setzt nicht auf effekthaschende Paukenschläge, die ausgewogene Harmonie des Farbspiels mit all seinen Übergängen erzählt von der magischen Welt des Indian Summer. Die Farben gleichen Schauspielern auf einer großen Bühne, jede hat ihren Auftritt und reicht den Stab an die nächste weiter. Eine wohltuend diffuse Stimmung umhüllt die malerische Situation. Die Künstlerin fängt einen perfekten Moment ein. Doch im Unterschied zu der Malerei des Impressionismus zerbröselt diese Welt nicht Sekunden später. Ganz im Gegenteil, der Betrachter fühlt sich geborgen. Eine intuitiv angelegte Struktur, in der der Goldene Schnitt dem Farbreigen Stand verleiht, signalisiert Ruhe und Ordnung. Diese Malerei ist einem Edouard Manet näher als einem Claude Monet.

Lüdemann trägt jeweils mehrere Farbschichten übereinander auf, oft schimmern sie noch durch. Dabei greift sie sowohl zur Öl- als auch zur Acrylfarbe und Eitempera. Diese Mischung ist für sie wichtig, „denn jede Farbe verlangt ein anderes Malen“. Mag sein, dass der Mix aus langsamem und schnellerem Farbauftrag zum Rhythmus ihrer Bilder beiträgt. „Das hat mich immer fasziniert, das Licht und die Farben“, so Lüdemann. Und genau das spürt der Betrachter. Wer weiß, hätte Goethe etwas mehr Zeit gehabt, hätte er sich vielleicht doch „mehr Licht und auch noch mehr Farbe“ gewünscht. Oder sich Uschi Lüdemanns ausgezeichnete Ausstellung im Kunstraum Bernusstrasse angesehen.

Die Ausstellung „Mehr Licht“ ist noch bis Mitte Januar geöffnet. Weitere Informationen unter www.kunstraum-bernusstrasse.de