Macht die russische Avantgarde wieder lebendig – Der Künstler Ernest Bisaev und seine Werke beim BBK Frankfurt

Foto und Text von Edda Rössler, am 12. Oktober 2020 (in leicht gekürzter Form) in der Frankfurter Neuen Presse veröffentlicht

„Solo Art Show“ – unter diesem gewichtigen Titel präsentiert der BBK Frankfurt (Bund Bildender Künstler) Werke von Ernest Bisaev. Der in Sankt Petersburg geborene Künstler (56) lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Wiesbaden. Gleich zwei Welten bewegen sich in seinen Kunstwerken, so fühlt er sich der russischen Avantgarde und dem amerikanischen Expressionismus verbunden.

(v.l.) Ausstellungsmacher Viktor Naimark (Vorstand BBK Frankfurt) und sein Künstlerfreund Ernest Bisaev
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Ausstellungsmacher Viktor Naimark (Vorstand BBK Frankfurt) und sein Künstlerfreund Ernest Bisaev Fotograf Edda Rössler

Die Ausstellung seiner Werke, die meisten davon aktuelle, ist sowohl unterhaltsam als auch spannend präsentiert, was nicht zuletzt an der Vielseitigkeit des Künstlers und seiner vielschichtigen Werke liegt. Im Eingangsbereich bespielen acht großformatige, digital aufgenommene Schwarzweiß-Fotografien die Galerienwände. Sie stammen aus dem Jahr 2018 und inszenieren architektonische Details der Pariser Philharmonie. An ihnen fesseln insbesondere spannend inszenierte Hell-Dunkel-Nuancen, die leicht und rhythmisch daherkommen. Daran anschließend lädt Bisaev mit 13 abstrakten Acrylgemälden und vier Arbeiten auf Papier in die berauschende Welt der Abstraktion und der Farbe ein. Lässig im Raum behaupten sich dazwischen vier große, farbige Holzobjekte und man hat den Eindruck, dass seine Acrylgemälde plötzlich mehrdimensional wurden und sich die Ausstellungsfläche eroberten.

(v.l.) Ausstellungsmacher Viktor Naimark (Vorstand BBK Frankfurt) und sein Künstlerfreund Ernest Bisaev
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Ausstellungsmacher Viktor Naimark (Vorstand BBK Frankfurt) und sein Künstlerfreund Ernest Bisaev Fotograf Edda Rössler

Freund und Künstlerkollege Viktor Naimark (57), zugleich Vorstand des BBK Frankfurt, der zusammen mit Bisaev an der Kunstakademie in Sankt Petersburg Architektur und Malerei studierte, hat sichtlich Freude an der Ausstellung. „Ernest Arbeiten, die ich schätze, strahlen Lebendigkeit aus. Obwohl sie abstrakt sind, wirken sie auf mich auch figurativ.“
Die figurative Wirkung liegt wohl in der strengen, traditionellen Kunstausbildung von Bisaev begründet, der alle klassischen Disziplinen der Kunst erlernte, angefangen vom Aktzeichnen bis hin zur figurativen Malerei. Auch wenn er sich für den abstrakten Weg entschied, begrüßt er noch heute die Bandbreite seiner akademischen Ausbildung. „Insbesondere die sorgfältige Auseinandersetzung mit Farb- und Kompositionsregeln waren eine gute Grundlage für meine abstrakte Kunst.“ Dabei wurde es ihm seinerzeit an der Akademie nicht leicht gemacht. Obwohl die russische Avantgarde mit Künstlern wie Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch früh den Weg in die Abstraktion öffnete, wurde sie in der Sowjetunion ab den 30er Jahren abgelehnt. Voller Stolz verweist Bisaev zudem auf die russische Herkunft von Mark Rothko, einer Ikone des amerikanischen abstrakten Expressionismus und einem weiteren künstlerischen Vorbild. „Was Ernest gelingt“, so Naimark, „ist das, was damals in der Sowjetunion beendet wurde, wieder lebendig zu machen.“
Wirken Bisaevs abstrakte Acrylgemälde räumlich, lyrisch und voller Poesie, dass man in die Bildwelten eintauchen möchte, sind sie doch das Ergebnis eines ausgeklügelten Arbeitsprozesses. Zunächst fertigt er zahlreiche Skizzen an, sucht akribisch nach der perfekten Version von Farbe, Helligkeit und abstrakter Form, die er dann mit dem Pinsel auf die Leinwand überträgt. So sind auch seine schwarzweißen Gemälde entstanden, in denen er sich als ein Meister des Chiaroscuro, des Hell und Dunkels, behauptet. Dabei verrät er ein Geheimnis, denn keineswegs verwendet er für die Grauabstufungen nur die schwarze und die weiße Tube. „Ich mische ganz viele Farben mit hinein.“ Damit vermeidet er allzu starke Übergänge und erzielt eine wunderbar homogene Wirkung. Ernest Bisaev präsentiert in seiner „Solo Art Show“ das Potenzial der russischen Avantgarde auf das Vortrefflichste.
Die Ausstellung von Ernest Bisaev beim BBK Frankfurt ist noch bis zum 25.10.2020 geöffnet. Weitere Informationen unter bbk-frankfurt.de