Maunzenweiher – Die Schönheit der berührten Natur

Die in der Hamburger Allee gelegene Galerie Söffing hat sich auf figurative und abstrakte Malerei konzentriert. Noch bis Ende des Monats bespielen großformatige Landschaftsbilder und Zeichnungen der norddeutschen Künstlerin Julia Roppel die Galeriewände.

Galeristin Stefanie Gansera-Söffing (rechts) und Künstlerin Julia Roppel vor ihrem Gemälde „Maunzenweiher“ Foto: Edda Rössler
Galeristin Stefanie Gansera-Söffing (rechts) und Künstlerin Julia Roppel vor ihrem Gemälde „Maunzenweiher“ Foto: Edda Rössler

Die Galeristin Stefanie Gansera-Söffing freut sich über die Öffnung ihrer Galerie nach den langen Lockdown-Wochen. „Die Menschen sind an Kunst interessiert, es kommen wieder Interessenten vorbei“, beschreibt sie die belebtere Atmosphäre. Seit langem vertritt sie die Malerin Julia Roppel, eine Meisterschülerin von A. D. Gorella (Hochschule für Bildende Kunst Braunschweig), doch der aktuell ausgestellte Zyklus „Maunzenweiher“ zeigt ihr Oeuvre in einem neuen Gewand. „In meinen früheren Bildern spielte die Verbindung von Straße oder Weg, die in die Landschaft führen, eine wichtige Rolle. Jetzt konzentriere ich mich auf das Naturerlebnis“, so Roppel. Lediglich ihre Malweise bleibt erhalten. Roppel legt zuerst ein Bild auf der Leinwand an, um es im nächsten Schritt zu übermalen und dann erst zu einer endgültigen Aussage zu gelangen. „Im Dialog mit vorherigen Formen und Farben steigere ich meinen Ausdruck.“

Traditionell gilt die Landschaftsmalerei, sieht man von prominenten Ausnahmen wie etwa Gabriele Münter ab, als eine Domäne, in der Männer reüssieren. Doch Roppel erobert sich den Raum mühelos, voller Dynamik und Geschwindigkeit, wobei sie Wert auf ein modernes Naturerlebnis legt, weitab der romantischen Verklärung.

Für den neuen Zyklus spielte ihr der Lockdown sozusagen in die Karten. Während dieser Zeit unternahm sie ausgedehnte Radtouren und Spaziergänge in den Stadtwald, immer auf der Suche nach Motiven. Zufällig entdeckte sie dabei den Maunzenweiher, der nahe an der Grenze zu Offenbach liegt. Zunächst irritierte sie die Rechtwinkligkeit der Anlage mit den beiden kreisrunden Inseln. „Solch klar geometrische Formen findet man als Natursituation selten.“ Ihre Recherchen ergaben, dass es sich um eine ehemals gewerblich genutzte Anlage handelt, die sich die Natur zurückeroberte. Oberräder Töpfer hatten dort aus einer Grube Lehm für ihre Töpferwaren abgebaut.

Genau diese Reziprozität, das Einwirken des Menschen in die Landschaft und das Zurückerobern durch die Natur, ist Gegenstand der herrlichen Landschaftsgemälde. Roppel feiert nicht mehr die unberührte Natur und schwelgt dennoch in satten, herrlichen Farben. Bei dem Gemälde „Maunzenweiher“ dominiert eine schwarz gehaltene Weide, deren Äste die Landschaft ummanteln. Der Baum lädt zum Bilderlebnis ein, und dann beginnt eine wahre Karussellfahrt der Farben. Satte Rot- und Grüntöne stoßen spontan aufeinander, ganz wunderbar gelingt auch die Darstellung des facettenreichen grünen Gewässers im Kontrast zu den ebenfalls in Grün gehaltenen Büschen und Bäumen. Immer schwirren Lichtblitze durch das Bild, so dass bei der temperamentvollen Darstellung stets neue Momente entstehen. Sie alle verlocken zum Genießen und Staunen, signalisieren aber, dass wir hier keinen unberührten Topos, sondern eine von Menschenhand geformte Landschaft betreten.

Die Ausstellung ist noch bis zum 28. Juli 2021 geöffnet. Weitere Informationen unter galerie-söffing.de

Text und Foto von Edda Rössler
Veröffentlicht am 14. Juli 2021 in Frankfurter Neue Presse