Mit Kugelschreiber auf Beutezug – Indigene Künstler aus dem Chaco zeigen ihre Welt

In Frankfurt unterstützen der FDP-Abgeordnete Thorsten Lieb (MdB) und Stadtrat Peter-Paul Thoma und sorgten für die Präsentation der Kunst der Indigenen aus dem Chaco im Fechenheimer Hochbunker. Die Studentin Simone Kehler Funk (25), die selbst in Paraguay lebt und der deutschen Minderheit angehört, präsentiert die Bilder der Indigenen und wirbt für ihre ungewöhnliche Kunstform.
In Frankfurt unterstützen der FDP-Abgeordnete Thorsten Lieb (MdB) und Stadtrat Peter-Paul Thoma und sorgten für die Präsentation der Kunst der Indigenen aus dem Chaco im Fechenheimer Hochbunker. Die Studentin Simone Kehler Funk (25), die selbst in Paraguay lebt und der deutschen Minderheit angehört, präsentiert die Bilder der Indigenen und wirbt für ihre ungewöhnliche Kunstform.

Über 16 Stunden Flug haben die zehn kleinformatigen Kunstwerke der acht Künstler aus Paraguay schon hinter sich gebracht. Sie stammen aus dem über 10000 Kilometer entfernten Paraquay, alle aus der Feder von Vertretern der in der Nordregion Chaco lebenden, indigenen Volksgruppe der Nivaclé. Jetzt schmücken sie den kleinen Gang im Erdgeschoss des Fechenheimer Hochbunkers und sind noch bis Mitte September von außen durch ein Schaufenster einsehbar.

Die Studentin Simone Kehler Funk (25), die selbst in Paraguay lebt und der deutschen Minderheit angehört, präsentiert die Bilder der Indigenen und wirbt für ihre ungewöhnliche Kunstform. Nach einer Station in Venedig ist Frankfurt die neue Anlaufstelle, bevor sie in Wien gezeigt werden.

Bei den Künstlern handelt es sich um begabte Autodidakten, die in der Kunstszene des Chacos beheimatet sind. Zumeist auf Papier und mit Kugelschreiber geben sie einfühlsame Einblicke in ihre Welt voller Legenden, in der die Natur eine Hauptrolle spielt. Die monochromen, ornamental angelegten Bilder zeichnen sich durch eine außerordentliche Detailfülle aus und rücken kleinere Dinge und Geschehnisse aus dem Tierreich, die uns entglitten sind, in den Vordergrund. So entsteht aus der Nahsicht eine faszinierende Bildwelt voller Rhythmus und Dynamik, die dennoch Ruhe ausstrahlt. Es scheint, als ob Zeit keine Rolle spielt. „Die Nivaclé gehen mit dem „Phänomen“ Zeit entspannt um“, berichtet Kehler Funk. Sie interessieren sich nicht für ihr Lebensalter, das sie auch nicht kennen.

Die „Kulturbotschafterin“ Simone Kehler Funk präsentiert indigene Kunst aus dem Chaco. In der Hand hält sie ein Werk von Esteban Klassen, das die Verwandlung eines Schamanen in einen Jaguar darstellt. Foto: Edda Rössler
Die „Kulturbotschafterin“ Simone Kehler Funk präsentiert indigene Kunst aus dem Chaco. In der Hand hält sie ein Werk von Esteban Klassen, das die Verwandlung eines Schamanen in einen Jaguar darstellt.
Foto: Edda Rössler

Die aus der finanziellen Not entstandene Beschränkung auf Kugelschreiber unterstreicht den eigenständigen Stil, der allmählich auch außerhalb Paraguays Anerkennung findet. „Selbst Luigi Brugnaro, der Bürgermeister von Venedig, war von den Werken so begeistert, dass er sie im Palazzo Provvederia ausstellte“, berichtet Kehler Funk.

Mit unzähligen, feinen Strichen berichten Künstler wie etwa der junge Richart Perata oder der gestandene Esteban Klassen von dem bunten Treiben der Insektenwelt oder illustrieren Stammesmythen. Eindrucksvoll bannt Klassen einen Schamanen auf das Blatt. In der Legende seines Stammes verwandelt sich der Mensch in ein Tier, aus diesem Grund verleiht er den Tieren menschliche Gesichtszüge. Peralta, der erst seit einem Jahr künstlerisch tätig ist, stellt die Lebensweise von Insekten mit einer nahezu abenteuerlichen Detailtreue dar. „Ich beobachte sie gern, wie sie Blätter von den Bäumen schneiden, sie auf den Rücken heben und davonkrabbeln.“ Doch auch die Künstler Efacio, der bei Sonnenaufgang Jagdtiere auf Beutezug beobachtet und auf Papier bannt, Marcos Ortiz und Osvaldo Pitoe laden mit ihrer Kunst zu einer Reise in eine ferne Welt ein.

Ebenso begabt wie die die männlichen Stammesmitglieder der Nivaclé sind auch die indigenen Frauen, informiert Simone Kehler-Funk. Sie entwerfen Taschen und Accessoires zumeist aus Fasern der in Paraguay heimischen Karaguata-Pflanze.

Mit der Präsentation der Kunst der Indigenen aus dem Chaco will man ein Zeichen setzen, so Kehler Funk, und auch über deren Kultur berichten. In Frankfurt unterstützen der FDP-Abgeordnete Thorsten Lieb (MdB) und Stadtrat Peter-Paul Thoma und sorgten für die Präsentation im Fechenheimer Hochbunker.

Die Kunst aus dem Chaco ist noch bis zum 12. September durch ein Schaufenster im Fechenheimer Hochbunker in der Gründenseestraße 6 zu sehen.

Text und Foto von Edda Rössler,
veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse am 26. August 2022