Philosophie zum Anfassen: Andreas Rohrbach und Sabine Zimmermann laden mit „Tertium datur“ zum Kunstgenuss ein

Längst zählt das imposante Verwaltungsgebäude der Frankfurter Oberfinanzdirektion auch zu einer festen Institution in Sachen Kunst. Seit mehreren Jahren finden hier unter dem Motto „Gemischtes Doppel“ ambitionierte Kunstausstellungen mit Werken von Künstlerpaaren statt, die der Architekt Giselher Hartung kuratiert. Einen wohltemperierten Dialog gehen in dieser Saison die Österreicherin Sabine Zimmermann (Malerei) und ihr Partner Andreas Rohrbach (Bildhauerei) ein. Der Reiz der Ausstellung liegt nicht allein in der Präsentation von Kunst unterschiedlicher Gattung, sondern zudem in der Antwort der Künstler auf die nüchterne Bürosituation einer Behörde.

Malerin Sabine Zimmermann und Bildhauer Andreas Rohrbach vor ihren Werken. Foto: Edda Rössler
Malerin Sabine Zimmermann und Bildhauer Andreas Rohrbach vor ihren Werken.
Foto: Edda Rössler

Beide blicken auf eine Ausbildung an der Städelschule zurück. Sabine Zimmermann studierte bei Per Kirkeby Malerei, Andreas Rohrbach war Meisterschüler des Bildhauers Franz West. Zimmermann präsentiert jedoch keine Tafelbilder, sondern bespielt Flur und Büroraume vor allem mit großformatigen Stoffinstallationen, die auf Stativen angebracht sind. Ihr sorgfältig inszenierter Materialmix, der sich aus Stoffen, Postkarten und Posamenten wie Troddeln zusammenfügt, generiert räumliche Momente, die immer wieder von reizvoller Flächigkeit durchdrungen sind. In der Wahrnehmung kann der Betrachter daraus Figuren und Skulpturen entstehen lassen. Ihre Werke vermitteln beides: Nähe und respektvolle Distanz. Originell ist zudem, dass die Künstlerin ihre Exponate „dekliniert“. Jeder neue Aufbau verändert das Werk wieder. Aus diesem Grund hängt sie großformatige Fotos der Werkabbildungen daneben, die die fremdartige Aura ihrer Installationen unterstreichen. So verstärkt sich der Reiz des Geheimnisvollen und scheinbar Vertrautem. Der Betrachter ist bei der Auseinandersetzung, was Realität und was Schein ist, zu einem fantasievollen Spiel eingeladen.

Andreas Rohrbach arbeitet zumeist in seinem Atelier im Spessart, während Sabine Rohrbach ihren Lebensmittelpunkt in Frankfurt sieht. Obwohl sie in unterschiedlichen Gattungen zuhause sind, legen beide großen Wert auf Wahrnehmung und die mit dem schöpferischen Akt verbundenen Denkprozesse. „Es wäre schön, wenn der Betrachter ein wenig Zeit mit den Arbeiten verbringt, sich in Ruhe auf sie einlässt und plötzlich merkt, wie sich seine eigene Wahrnehmung entfaltet“, wünscht sich Zimmermann.

Ihr Partner Andreas Rohrbach setzt auf Philosophie, dennoch wirkt seine Kunst unbeschwert, verspielt und voller Humor. Allein schon die facettenreichen Werke „Schöne Axt“ und „Bifurkation“, eine gehäkelte Paketschnur mit Kugelketten, entlocken dem Betrachter ein Lächeln. Dieser Bildhauer arbeitet nicht allein brachial mit der Kreissäge, er häkelt aus bunten Schnüren lustige Gebilde. Beim künstlerischen Schaffen habe er sich intensiv mit Hegels Phänomenologie des Geistes beschäftigt. „Ich habe gehäkelt und gehegelt“, so sein listiger Kommentar. Eine gewisse unbeschwerte Leichtigkeit liegt in der Luft. Was vielleicht auch mit seiner Maxime zuhängen mag, dass er als Bildhauer „zwar Material dazu gibt, aber auch viel weglässt.“ So begeistern Rohrbachs Werke selbst dann, wenn man sich nicht Philosophie beschäftigt hat. Seine Kunst ist auch ohne Theorie greifbar.

Wie üblich bei der Ausstellungsreihe „Gemischtes Doppel“ ist ein Katalog aufgelegt.

Weitere Informationen unter https://ofd.hessen.de/wir-%C3%BCber-uns/kunstausstellungen-in-der-oberfinanzdirektion