Pop-Art für die Seele – Werke des Bielefelder Künstlers Heiner Meyer in der Galerie Barbara von Stechow

Heiner Meyer mit Galeristin Barbara von Stechow vor seinem Gemälde „Silverchair“. (Öl auf Leinwand, 100 cm x 100cm) Hier feiert Meier das Design des verchromten Designerstuhls und der herrlichen Autokarosse mit den Glubschaugen. Was es mit dem zerbrochenen Glas auf sich hat, das muss der Betrachter selbst deuten. Auffallend hier die neue, reduzierte Farbigkeit des Werkes. Der Künstlers verabschiedet sich zunehmend von der knallbunten Farbigkeit. „Die Farbskala wird gerade etwas schmaler“, sagt Heiner Meyer. Foto: Edda Rössler
Heiner Meyer mit Galeristin Barbara von Stechow vor seinem Gemälde „Silverchair“. (Öl auf Leinwand, 100 cm x 100cm)
Hier feiert Meier das Design des verchromten Designerstuhls und der herrlichen Autokarosse mit den Glubschaugen. Was es mit dem zerbrochenen Glas auf sich hat, das muss der Betrachter selbst deuten. Auffallend hier die neue, reduzierte Farbigkeit des Werkes. Der Künstlers verabschiedet sich zunehmend von der knallbunten Farbigkeit. „Die Farbskala wird gerade etwas schmaler“, sagt Heiner Meyer.
Foto: Edda Rössler

Wenn es in Frankfurt um Pop-Art geht, ist die im Westend gelegene Galerie Barbara von Stechow immer eine erste Anlaufstelle. Derzeit präsentiert die Galeristin ein Best off der Werke des Bielefelder Malers und Bildhauers Heiner Meyer. Dabei reicht die Bandbreite der Arbeiten aus den letzten Jahrzehnten bis heute von großformatigen Ölgemälden über die imposante, silberschimmernde Bronzefigur „Minnie“ bis hin zu originellen Comic Blättern aus Mischtechnik auf Büttenpaper.

Im Gespräch mit dem 68jährigen Künstler, der sowohl in Amerika als auch in Deutschland Kunstsammler begeistert, beeindruckt seine entspannte und lockere Haltung. Heiner Meyer kennt den Wert seiner Arbeiten, in denen er oft Diven darstellt, ist aber selbst keine Diva. Und das, obwohl er als junger Mann bei einem der größten Selbstdarsteller der Kunstgeschichte, bei Salvador Dali, als Assistent angestellt war.

Was den Künstler seit vielen Jahren an der Pop-Art begeistert, ist, dass er mit dem pseudorealistischen Stil, den er immer wieder mit kleinen Abstraktionen dynamisch auflöst, Stories transportieren kann. Um was es sich jeweils im Bildgeschehen handelt, verraten die in der Regel englischsprachigen Titel. Sie gleichen Untertiteln wie in einem Stummfilm.

Heiner Meyer mit Galeristin Barbara von Stechow Dieser Typ nervt, schreien die Augen der Diva Scarlett Johansson, denn ihr Partner sucht noch immer nach dem perfekten Sitz der Fliege. Wie gerne würde der Betrachter auch einen Blick in all die Schubladen im Bildhintergrund werfen. Foto: Edda Rössler
Heiner Meyer mit Galeristin Barbara von Stechow
Dieser Typ nervt, schreien die Augen der Diva Scarlett Johansson, denn ihr Partner sucht noch immer nach dem perfekten Sitz der Fliege. Wie gerne würde der Betrachter auch einen Blick in all die Schubladen im Bildhintergrund werfen.
Foto: Edda Rössler

„I’m ready Darling“ etwa aus dem Jahre 2013 zeigt die wunderschöne, ausgehbereite Scarlett Johansson, die indigniert auf ihren in einem Smoking gekleideten Partner wartet, der noch immer an seiner Fliege herumnestelt. „Angeregt hatte mich für dieses Gemälde eine wunderschöne Stickerei von Dolce und Gabbana“, sagt Meyer, der sein Faible für die Welt der Mode, der Schönheit und auch der Luxusmarken gesteht. Oft kombiniert er in seiner Malerei attraktive Frauen, die Luxusobjekten gleichen, mit edlem Interieur, Designer-Möbeln und auch Luxus-Karossen. So verurteilt er erlesene Luxuswelten nicht, wohl aber präsentiert er sie mit einem „Schmunzeln“ und „überzuckert auch schon einmal“.

„Unsere Gesellschaft definiert sich gerne über Marken“, sagt er und berichtet, dass er jüngst in der Frankfurter Goethestraße Menschenschlangen vor diversen Shops internationaler Luxusmarken beobachtete. Sie identifizieren sich mit Marken und Kleidungsstilen. Den Wunsch, dazu zu gehören, den kannte auch er als Jugendlicher. Doch statt dem Chanel-Outfit oder der Louis-Vuitton-Tasche waren seinerzeit in den 70er Jahren die Bundeswehr-Parka und derbe Boots der letzte modische Schrei.

So schildert Heiner Meyer in seiner Kunst beides, die Skurrilität des Luxus, versteht aber ihren magischen Bann und nimmt das ganze Getue auf die Schippe. Vielleicht ist es gerade diese Leichtigkeit, die sein Publikum begeistert. Zudem darf man bei Meyer darauf vertrauen, dass seine Werke nicht oberflächlich angelegt sind, ihnen liegen stets verschiedene Ebenen und Interpretationen zugrunde. „Ich erzähle Geschichten, viele davon versteht man erst auf den zweiten oder dritten Blick.“ Der Künstler fordert den Dialog mit dem Werk ein.

Das ausgeprägte Storytelling ist es, was ihn von seinen amerikanischen Malerkollegen der Pop-Art wie etwa Robert Rauschenberg unterscheidet. „Du bist so typisch deutsch, denn Du erzählst Geschichten“, sagte Rauschenberg einmal zu ihm. Amerikanische Pop-Art-Künstler wie Andy Warhol kommentieren nicht, sie übernehmen ihre Welten „eins zu eins“ aus der Werbung. Mit Heiner Meyer blickt die Pop-Art über den Tellerrand des Oberflächlichen in die Tiefe der menschlichen Seele.
http://www.galerie-von-stechow.com/

Text und Foto von Edda Rössler, veröffentlicht am 29. Oktober 2021 in Frankfurter Neue Presse