Spring Opening der Fahrgasse Galerien

Tief fallen, hoch hinaus –
Die Fahrgasse-Galeristen präsentieren zum Saisonstart ihre großen Stammkünstler

Galerist Dr. Jörk Rothamel und Künstler Moritz Götze Foto: Edda Rössler
Galerist Dr. Jörk Rothamel und Künstler Moritz Götze
Foto: Edda Rössler

Selbst an den frühen Abendstunden erfreuten noch Sonnenschein und milde Temperaturen. Auch das war ein Anlass für Partygänger und Kunstfreunde, in die Fahrgasse zum Saisonstart der Galerien zu strömen. Gleich neun Galerien luden mit neuen Ausstellungen ihrer in der Regel Stammkünstler ein. Zur Einstimmung auf die Werke konnte man den zahlreichen Vernissagen-Ansprachen lauschen, und so versammelte sich zumeist das Stammpublikum einer jeden Galerie zum Künstler ihrer Wahl. Die Geduld beim Zuhören der mitunter doch recht detailreichen Reden wurde mit einem Glas Wein und dem Bestaunen der Kunstwerke belohnt. Auch der direkte Dialog mit dem Galeristen und dem Künstler wurde geschätzt. Dennoch, ein paar neue Positionen und ein paar junge Künstler würden das insgesamt facettenreiche Angebot beleben.

Für Aufmerksamkeit sorgte die Präsenz von Stars der Szene wie etwa die des Leipzigers Künstlers Moritz Götze bei Rothamel oder Thomas Hildenbrand bei Mühlfeld und Stohrer.

Hoch hinaus aufsteigen oder ganz tief fallen, beides ist möglich und liegt nahe beieinander, signalisieren die Skulpturen des Holzbildhauers Thomas Hildenbrand (1980) in der Galerie Mühlfeld+Stohrer. Der Gewinner der Triennale Franken, dessen Werke auch im neu eröffneten Museum Karlstadt präsentiert werden, widmet sich dem Thema „Umbruch“ und trifft damit den Nerv unserer Zeit. Eindrucksvolles Zeugnis seiner Interpretation des Menschen auf der Suche nach Neu-Orientierung ist da insbesondere die Figur „Stürzender“. Die Galerie Mühlfeld+Stohrer, mit dem Galeristen Kurt Mühlfeld-Hemprich verbindet Hildenbrand eine langjährige Freundschaft, bezeichnet Hildenbrand als seinen „Heimathafen“.

Galerist Kurt Mühlfeld-Hemprich und der Holzbildhauer Thomas Hildenbrand Foto: Edda Rössler
Galerist Kurt Mühlfeld-Hemprich und der Holzbildhauer Thomas Hildenbrand
Foto: Edda Rössler

Tjark Ihmels (1970), der Leipziger Künstler mit dem ostfriesischen Vornamen „Tjark“, „meine Familie stammt ursprünglich aus Aurich“, ist bereits zum sechsten Mal in der Galerie Greulich vertreten. An die 20, zumeist großformatige Ölgemälde bespielen die Galeriewände. Sie zeigen in den Bildmittelpunkt gerückte, androgyne Figuren, die Hintergrund-Situation vage bleibt. „Mir ist es nicht wichtig, ob ich Männer oder Frauen darstelle“, sagt Ihmels. „Mir geht es um zwischenmenschliche Auseinandersetzungen, fern des Klischees.“

Galerist Andreas Greulich und der Maler Tjark Ihmels Foto: Edda Rössler
Galerist Andreas Greulich und der Maler Tjark Ihmels
Foto: Edda Rössler

Imposante Ölgemälde auf Leinwand, aber auch Emaille-Arbeiten von Moritz Götze (1964), dem deutschen Meister der Pop-Art, präsentiert die Galerie Rothamel. Der vielseitige Künstler, der sich mit dem „Label Pop-Artist nicht so richtig wohlfühlt“ wie er sagt, hat seit Jahrzehnten einen engen Bezug zu Frankfurt. Bereits 1991 reüssierte er auf der damaligen Kunstmesse und sowohl die Deutsche Bank als auch die Dresdner Bank erwarben Werke. 10 Jahre später sorgte er auf der Buchmesse mit einem Gedichtband des Schauspielers Manfred Krug und seinen Illustrationen, für Aufsehen. „Ermessensspielraum“, so der aktuelle Ausstellungstitel, bietet Kunst zum „Enträtseln“. Auf den ersten Blick lässig ins Bild gestellte Protagonisten verheddern sich beim näheren betrachten mit mysteriösen Requisiten in höchst skurrile Momente. Immer bestechen Komplementärfarben und eine schwungvolle Zeichnung die Bildwirkung. Wie trickreich der Künstler arbeitet, beweisen zudem die Bildtitel. So sind seine „Klare Verhältnisse“ eben alles andere als klar. Mehrdeutigkeit ist Trumpf.

Mit Mel Ramos zeigt die Galerie Siedlarek einen weiteren Meister der Pop-Art. Der amerikanische Maler (1935 – 2018) ist bekannt für seine Ganzkörper-Bildnisse erotischer Pin-Up-Girls. Weniger knallig und überwiegend schwarzweiß sind die Bildwelten des ungarischen Künstlers Janos Schaabs (1960), dessen Werk die Galerie Christel Wagner vorstellt. Bekannt ist er vor allem aufgrund seiner Porträts von Hollywood Celebrities oder Luxusartikel wie etwa Rimowa-Koffer.

„Silky roots“, so lautet der Ausstellungstitel der drei Malerinnen E.M.C. Collard, Nicola Hanke und Tatiana Urban in der Galerie Maurer. Textile und auch pflanzliche Strukturen, vortrefflich malerisch umgesetzt, laden zur Reflektion ein, was sich unter der Oberfläche verbergen könnte.

Galeristin Kirsten Leuenroth vor Werken von Christian Hellmich Foto: Edda Rössler
Galeristin Kirsten Leuenroth vor Werken von Christian Hellmich
Foto: Edda Rössler

Auch in der Galerie Leuenroth stoßen wir mit den Werken von Christian Hellmich (1977) auf einen alten Bekannten. Er rückt modular-abstrakte Formen in surreal anmutende Bildwelten. „Komplexe Situationen, die Architektur spielt eine große Rolle, laden zum Eintauchen in die Bildebenen ein“, sagt die Galeristin.

Anlässlich des 100. Geburtstages des Marburger Künstlers Günther Blau (1922-2007) zeigt die Galerie Schwind seine sachlich arrangierten Stillleben. Die Straßenansichten und Landschaften orientieren sich an Gemälden des italienischen Malers Giorgio Morandi (1890 -1964).

Künstler Timo von Eicken und Galeristin Sylvia Schlieder Foto: Edda Rössler
Künstler Timo von Eicken und Galeristin Sylvia Schlieder
Foto: Edda Rössler

Etwas heutiger entpuppen sich die knallbunten Werke des Hamburger Künstlers Timo von Eicken (1977) in der Galerie Schlieder Contemporary Art. Die Galeristin Sylvia Schlieder ist seit November mit ihrer Galerie Am Weckmarkt vertreten. Alte Zeitschriften und Magazine aus den 1950er, 60er Jahren bilden für Timo von Eicken die Grundlage seiner Inspiration. Er verbindet einzelne Charaktere, Gegenstände aus dem vergangenen Jahrhundert mit zeitgenössischen Elementen. Der Künstler, der explosive Geschichten in geschlossenen Räumen erzählt, zeigt sich von „Frankfurts Kunstmeile“ begeistert.
Wer bei so viel praller Kunst immer noch nicht auf seine Kosten kommt, der darf bei der Produzentengalerie „Der Mixer“ ein Los ziehen. In der partizipatorischen Projekt-Installation von Hannes Egger und Thomas Sterna sollen „die gesellschaftlichen Bedingungen der künstlerischen Produktion erforscht werden.“ Doch Vorsicht, mitmachen dürfen nur Künstler und der Gewinn ist eine Ausstellung auf der Documenta 15.

Die Ausstellungen sind noch zu den üblichen Galeriezeiten bis Juni geöffnet.

Weitere Informationen unter www.galerien-frankfurt-mitte.de

Text und Fotos von Edda Rössler
Am 11. Mai 2022 veröffentlicht in Frankfurter Neue Presse